Nicht alles ist Sonnenuntergang
- Özlem
- 2. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 31. Juli
Warum wir Vanlife nicht romantisieren wollen – und was wirklich zählt
Bevor wir diese Entscheidung getroffen haben, haben wir recherchiert. Blogs gelesen, YouTube-Kanäle durchstöbert, Packlisten verglichen. Wir haben die schönsten Stellplätze gesehen, die gemütlichsten Ausbauideen bewundert, die inspirierendsten Lebensentwürfe bestaunt. Viele Inhalte waren hilfreich. Manche auch eher weltfremd.
Es gibt viele Tipps – aber nicht so viele ehrliche Texte darüber, wie es sich wirklich anfühlt, alles aufzugeben. Wie es ist, wenn man versucht, sein ganzes Leben in ein paar Quadratmeter zu quetschen, während draußen der Druck steigt und innen die Bedenken leise flüstern.
Was uns oft gefehlt hat: echte Geschichten. Über Rückenweh beim stundenlangen Räumen. Über den Moment, wenn man merkt, dass 3,5 Tonnen ein sehr knapp bemessenes Limit sind. Über das Gewicht von Entscheidungen, die nicht nur den Van, sondern auch das Herz betreffen.
Wir haben aufgelastet. Nicht, weil wir mehr besitzen wollen – sondern weil wir uns nicht zwingen wollten, alles „richtig“ zu machen, wenn es sich nicht richtig anfühlt. Weil wir gemerkt haben, dass Loslassen mehr braucht als Platz.
In solchen Tagen ist keine Zeit für klares Abwägen. Entscheidungen treffen wir oft nicht, weil sie sich gut anfühlen – sondern weil sie dran sind. Weil ein Tag vergeht, ohne dass man die Garage fertig hat. Weil man am fünften Abend in Folge zu müde ist, um zu überlegen, ob es nicht doch noch eine bessere Lösung gäbe.
Wir haben aussortiert, wieder eingeräumt, dann wieder rausgeräumt. Dinge abgewogen – buchstäblich. Jedes Kilo ein Gedanke.Können wir das weglassen? Brauchen wir das später vielleicht doch?
Und irgendwann wird aus „Wir schauen nochmal in Ruhe“ ein:„Wir entscheiden jetzt. Es muss weitergehen.“
Diese Art von Druck ist leise. Kein Zwang von außen. Sondern dieser innere Countdown, der tickt, wenn ein Abschiedstermin naht. Wenn man weiß, dass die Zeit zum Überlegen einfach vorbei ist.
Und vielleicht ist das gar nicht falsch. Vielleicht brauchen manche Entscheidungen gerade diese Dringlichkeit.
Vanlife ist nicht immer romantisch. Nicht, wenn man an heißen Tagen im stickigen Innenraum Schränke optimiert, während draußen das Thermometer über 30 Grad steigt. Nicht, wenn einer von uns plötzlich nicht mehr fahren darf – weil der Führerschein nicht ausreicht. Nicht, wenn man morgens mit Muskelkater aufwacht nach Tagen voller Schleppen, Sortieren und Putzen.
Und doch: Wir bereuen nichts.
Denn wichtige Entscheidungen fühlen sich selten leicht an. Und Vorfreude kann neben Erschöpfung existieren.
Wir wollen nicht jammern. Wir wollen nur zeigen, was oft nicht gezeigt wird.
Die Zwischenräume. Die Unsicherheiten. Die Realität.
Denn genau dort liegt das, was zählt.
Vielleicht ist Vanlife kein Traum – sondern ein Weg. Und auf diesem Weg gehört alles dazu: die Zweifel, das Chaos, die kleinen Siege. Wir gehen ihn mit offenen Augen. Ohne Verklärung.
Nicht weil alles geklärt ist –sondern weil es Zeit ist.









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